Kleine Bibliothek Langen Band 58

Björnstjerne Björnson

Ein Tag
Ivar Bye

Zwei Erzählungen

Einzige berechtigte Übersetzung aus dem Norwegischen
von
Maria von Borch und G. I. Klett

Albert Langen
Verlag für Litteratur und Kunst
München 1903

Inhalt

 Seite
Ein Tag9
Ivar Bye95

Ein Tag

Deutsch von Maria von Borch


I

Man nannte Ella gewöhnlich „die mit demZopf“. Aber wie dick der Zopf auch war, —hätte ihn eine getragen, die minder hübsch, minderfreundlich und unbefangen gewesen, so würdekaum jemand ihn bemerkt haben; das muntereLeben, das er da hinten für sich allein lebte,wäre dann mit Schweigen übergangen worden.Und das, trotzdem er der dickste Zopf war, denirgend jemand dort in der kleinen Stadt je getragenhatte. Vielleicht nahm er sich auch stärkeraus, als er war, weil Ella selbst klein war. Wieweit er hinunter reichte, kann man nicht gut sagen;er reichte ein gutes Stück bis unter die Taille,ein sehr gutes Stück sogar. Seine Farbe warunbestimmt, und folglich auch unnennbar. Siefiel ein wenig ins Rötliche; aber dort in derStadt pflegte man zu sagen, er sei blond, unddabei können wir ja bleiben, da wir die Mittelfarbennicht besonders zu bezeichnen pflegen. DasGesicht zeichnete sich durch seine weiße Haut aus,war hübsch geformt mit geraden Zügen von derStirn bis zum Kinn, hatte einen kurzen, abervollen Mund und selten unbefangene Augen. Siehatte bei ihrer Kleinheit eine starke Figur, aberetwas zu kurze Beine; um so schnell vorwärts zukommen, wie sie ihrer Natur nach mußte, hattesie sich einen raschen Trab angewöhnen müssen.Dies Rasche hatte sie übrigens bei allem, was sievornahm, und daher hatte der Zopf es auch wohleiliger, als Zöpfe es gewöhnlich haben.

Ihre Mutter war die Witwe eines Beamten,hatte ein kleines Vermögen neben ihrer Pensionund wohnte in ihrem eigenen kleinen Hause, demHotel gegenüber, gleich am Marktplatz der Stadt.Sie war eine von den Stillen; der Mann warihre Bestimmung, ihr Stolz, ihr Licht gewesen.Als sie ihn verlor, wich der Lebensmut von ihr;sie kroch in religiösen Grübeleien in sich zusammen.Da sie aber nicht herrschsüchtig war, ließ sie ihreinziges Kind der eigenen Natur folgen, welcheder des Vaters glich. Die Mutter verkehrte mitniemandem, als mit einer ä

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