Björnstjerne Björnson
1911
S. Fischer / Verlag / Berlin
Autorisierte Übertragung
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Copyright 1911 S. Fischer, Verlag, Berlin
Der größte Teil dieser Briefe ist in den Jahren1887 bis 1890 geschrieben. Der Zeitraum ist kurz,aber gerade aus diesem Grunde verstärkt sich derGesamteindruck. Als ich sie von neuem durchlas,überraschte es mich, welch ein lebendiges Bild sievon all dem geben, was damals B. B.’s Gemütund Gedanken beschäftigt hat. Und deshalb entschloßich mich, sie wenigstens einem engeren Kreisezugänglich zu machen.
Die Sammlung schließt mit einer kleineren Zahlvon Briefen ab, die aus späterer Zeit stammen.Sie wurden aufgenommen, weil sie in gewissen Beziehungendie Selbstschilderung der früheren Periodevervollständigen.
Obige Zeilen waren das Vorwort zu einer Ausgabe,die nur in fünfzig Exemplaren als Manuskript inNorwegen gedruckt wurde. Gleich nachdem dieseExemplare verteilt waren, ergingen sowohl vonprivater Seite wie durch die Presse eindringlicheAufforderungen an mich, die Briefsammlung öffentlicherscheinen zu lassen. Das tue ich hiermit,nachdem ich einige wenige, aber notwendige Streichungenvorgenommen habe.
B. I.
Liebe, liebe Bergliot, als Mutter aus DeinemBriefe vorlas, Du hättest bei der Nachricht, daßmir mein Dichtersold entzogen sei, stundenlangweinen müssen, da konnt’ auch ich die Tränennicht zurückhalten. Ich sah Dich vor mir, wie Duweich und bewegt bist; ich liebe Dein Gemüt anDir, Bergliot, und bin stolz darauf, daß Du michverstehst. Dank Dir für Dein Mitgefühl; Dukannst mir glauben, es hat mir wohlgetan. Ichmußte nach meiner Pflicht handeln; denn dieseschlechten Menschen gingen darauf aus, mir ebensozu schaden wie Kielland. Ich gebrauche nicht gerndas Wort „schlecht“; aber hier darf ich es ohneBedenken.
Dann waren Mutter und ich lebhaft berührtvon Deiner schrecklichen Angst vor einer Untersuchung.Wir fühlen Dir nach, daß es ganz furchtbarist. Aber wenn es sein muß, muß es ebensein. Ich freue mich mächtig auf den Tag, da Duwieder von Gesundheit und Mut strotzen wirst; sowarst Du, ehe diese Sache anfing, und Du mußtwieder die alte werden. Damit ist die Schamhaftigkeitund Vorsicht durchaus vereinbar, von der dasSeelenleben einer so unverdorbenen Natur, wieDeiner, beherrscht wird.
Du bist von allen unsern Kindern die vollste undeinheitlichste Natur. Daher bist Du unter ihnenauch das Kind, um das ich mir die wenigsteSorge zu machen brauche. Versuche nun, von derGesellschaft, in der Du lebst, zu lernen; sie sindso gemessen in ihren Empfindungen und Ideen; esläßt sich