Buchumschlag


Das Bildnis des Dorian Gray

Oscar Wilde
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Das
Bildnis des Dorian Gray

Ins Deutsche übertragen von
Richard Zoozmann

Berlin W 50
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Schreitersche Verlagsbuchhandlung


Alle Rechte vorbehalten

Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig


Vorbekenntnis

Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge.

Kunst zu offenbaren und den Künstler zu verbergen, istdie Aufgabe der Kunst.

Ein Kritiker ist, wer seinen Eindruck von schönen Dingenin eine andere Form oder in einen anderen Stoff zu übertragenvermag.

Die höchste wie die niederste Form der Kritik ist eineArt Autobiographie.

Wer in schönen Dingen einen häßlichen Sinn findet, istverderbt, ohne anmutig zu sein. Das ist ein Fehler.

Wer in schönen Dingen einen schönen Sinn findet, hatKultur. Er berechtigt zu Hoffnungen.

Das sind die Auserwählten, für die schöne Dinge lediglichSchönheit bedeuten.

Ein moralisches oder unmoralisches Buch gibt's überhauptnicht. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Sonstnichts.

Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegenden Realismus ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesichtim Spiegel erblickt.

Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegendie Romantik ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesichtim Spiegel nicht sieht.

Das sittliche Dasein des Menschen liefert dem Künstlereinen Teil des Stoffgebietes, aber die Sittlichkeit derKunst besteht im vollkommenen Gebrauch eines unvollkommenenMittels.

Kein Künstler empfindet das Verlangen, etwas zu beweisen.Selbst Wahrheiten können bewiesen werden.

Kein Künstler hat ethische Neigungen. Eine ethischeNeigung beim Künstler ist eine unverzeihliche Manieriertheitdes Stils.

Kein Künstler ist an sich krankhaft. Der Künstler kannalles aussprechen.

Gedanken und Sprache sind für den Künstler Werkzeugeeiner Kunst.

Laster und Tugend sind für den Künstler Stoffe einerKunst.

Was die Form betrifft, so ist die Kunst des Musikersdie Urform aller Künste. Was das Gefühl betrifft, so istder Beruf des Schauspielers diese Urform.

Alle Kunst ist gleichzeitig Oberfläche und Symbol.

Wer unter der Oberfläche schürft, tut es auf eigeneGefahr.

Wer das Symbol herausdeutet, tut es auf eigene Gefahr.

In Wahrheit wird der Betrachter und nicht das Lebenabgespiegelt.

Meinungsunterschiede über ein Kunstwerk beweisen seineNeuheit, Vielfältigkeit und Lebenskraft.

Sind die Kritiker uneinig, so ist der Künstler einig mitsich selbst.

Man kann einem Menschen verzeihen, daß er etwasNützliches schafft, solang er es nicht bewundert. Die einzigeEntschuldigung für den, der etwas Nutzloses schuf, bestehtdarin, daß es äußerst bewundert wird.

Alle Kunst ist völlig nutzlos.

Erstes Kapitel

Das Atelier schwamm in einem starken Rosendufte, undwenn der leichte Sommerwind die Bäume im Gartenwiegte, so floß durch die offene Tür der schwere Geruchdes

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