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Der Waldbruder, ein Pendant zu Werthers Leiden
Jakob Michael Reinhold Lenz
Erster Teil
Erster Brief
Herz an seinen Freund Rothe in einer großen Stadt
Ich schreibe Dir dieses aus meiner vÖllig eingerichteten HÜtte, zwarnur mit Moos und BaumblÄttern bedeckt, aber doch für Wind und Regengesichert. Ich hätte mir nie vorgestellt, daß dies Klima auch imWinter so mild sein könne. Übrigens ist die Gegend, in der ichmich hingebaut, sehr malerisch. Grotesk übereinander gewälzte Berge,die sich mit ihren schwarzen Büschen dem herunterdrückenden Himmelentgegen zu stemmen scheinen, tief unten ein breites Tal, wo an einemkleinen hellen Fluß die Häuser eines armen aber glücklichen Dorfszerstreut liegen. Wenn ich denn einmal heruntergehe und den engenKreis von Ideen, in dem die Adamskinder so ganz existieren, dieeinfachen und ewig einförmigen Geschäfte und die Gewißheit undSicherheit ihrer Freuden übersehe, so wird mir das Herz so enge undich möchte die Stunde verwünschen, da ich nicht ein Bauer geboren bin.Sie sehen mich oft verwundrungsvoll an, wenn ich so unter ihnenherumschleiche und nirgends zu Hause bin, mit ihrem Scherz und Ernstnicht sympathisieren kann, so daß ich mich am Ende wohl schämen undin ihre Form zu passen suchen muß, da sie denn ihren Witz nach ihrerArt meisterhaft über meine Unbehelfsamkeit wissen spielen zu lassen.Alles dies beleidigt mich nicht, weil sie meistens recht haben undein Zustand wie der meinige durch die äußern Symptome, die erveranlaßt, schon seit Petrarchs Zeiten jedermann zum Gespött dienenmuß. Soll ich aber die Wahl haben, so ist mir der Spott desehrlichen Landmanns immer noch Wohltat gegen das Auszischen leererStutzer und Stutzerinnen in den Städten.
Wenn Du einmal einen geschäftfreien Tag hast, so komm zu mir, Du bistder einzige Mensch, der mich noch zuweilen versteht.
Herz.
Zweiter Brief
Fräulein Schatouilleuse an Rothen, der aufs Land gereist war, eine
Frühlingskur zu trinken
Sagen Sie mir doch in aller Welt, wo mag Herr Herz hingekommen sein.Etwa bei Ihnen, so hab ich eine Wette gewonnen. Der Papa sagte heut,er habe seine Bedienung bei der Kanzlei niedergelegt und sei in denOdenwald gegangen, um Waldbruder zu werden. Da lachten wir nun alle,daß uns die Tränen von den Backen liefen, er aber schwur, es sei wahr.Ich schlug gleich eine Wette mit ihm ein, daß er bei Ihnen inZornau wäre; schreiben Sie mir doch, ob dem so ist, und ich willIhnen auch viel Neues von ihm sagen, das Sie recht zu lachen machenwird.
Dritter Brief
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