KASIMIR EDSCHMID

DIE FÜRSTIN

 

 

 

 

 

 

 

 

1920


PAUL CASSIRER VERLAG · BERLIN





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GESCHRIEBEN NEUNZEHNHUNDERTSECHZEHN


INHALT


DAS FRAUENSCHLOSS

JAEL

DIE ABENTEUERLICHE NACHT

BRIEF

TRAUM





DAS FRAUENSCHLOSS

DIE Drachenköpfe unserer Boote bogen umdas gelbe Segel. Die Parade vollzog sich inelegantem Rauschen, wir wollten mit Ostwindan das andere Ende, bei Ostwind anderthalbStunden dachten wir, es waren dreißig Kilometer.Die Flottille lag in einer Linie. Die Ruder sangendumpf verknattert. Dann schäumte das Wasser los,und die Segel beugten sich alle.

Wir fuhren in gleicher Lage steil in die graueWüste hinein. Das durchpflügte Wasser riß in nieabsterbender Welle einen silbernen Bogen über denLee. Die Bäuche der Segel neigten sich tiefer undstreiften das farblose Wasser und hoben sich wiederaufgetaucht in rote Sonne. Die Luvseiten wälztensich mit heller gestrichenen Leibern weit aus demSee, und der silberne Sprenkel der mitlaufendenewigen Welle umstäubte uns von der anderen mitwildem Geflock.

Alle Flaggen am Mast lohten schmal gezüngeltin das Blau.

Als die spitze Wolke zwischen dem verlassenenSchloß und uns hereinschoß, gerieten die Frauen inBewegung. Die nackten Beine lösen faul Wade vonWade, sie trennen sich von Mast und dem sonnigenVerdecke, über den dunklen Badeanzügen schimmerndie bunten Jacken. Ein Tratsch saust hintenauf das Gebirg. Kühl gebogen steht unser Himmelnoch blühend antik.

Ein Regenbogen rollte eine Natter darüber. Zweisiebenfarbene Brücken schnellen über die verblaßte.Sie rennen mit uns um die Wette. Große Jagd beginnt.Das Schloß irr leuchtend in ferner Sonne stehtschräg geduckt unter der gebogenen Wucht desGewitters. Darüber aber wütet Jehovas ehernerRegenbogen und schnellt mit glühendem Fingerneben uns über das Land. Die Gegend wird klein undgrau und entzündet sich unter ihm mit magischemGlanz. Unter irrem Schein fahren wir. Musik inallen Seilen.

Jessies Blick wölbt sich aus den Frauen herüber.Die Ruderpinne wird Eis in meiner Hand. Die Segellaufen auf das Wasser niedergelegt. Das Gewitterflattert über uns und bleibt. Noch durch alle Löcherschießt eine Säule Sonne. Gurgelnd schwemmt dersilberne Muskel am Lee sein Wasser hinein. Jessiebeginnt — kniend zu pumpen, sie weiß, daß ich dieNacht nicht schlief, lächelnd mit abgetriebenemMund.

Erlöst aus katzenhaftem Erleben der Sonne sinddie Frauen aufgerafft. Sie stehen fast auf Mast undSegel, ihre Füße stehen im Wasser, sie stehen aufLee wie Statuen, und die Backbordseite hebt sichhinter ihren von Lachen überfüllten Munden wieeine dunkle Muschel, über die ihr Haar noch leuchtet.

Wir sehen das Ufer durch Schaum. Wir rechnen,hart am Wind, noch zehn Minuten. Schäumender,gierig, ein Liebesschwert bohrt sich die Spitze mitfiebernder Wollust in das Gewoge

...

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