Der Postsekretär im Himmel
und andere Geschichten

Ullstein-Bücher  Eine Sammlung  zeitgenössischer  Romane
Der Postsekretär im Himmel und andere Geschichten  von  Ludwig Thoma  Ullstein & Co Berlin-Wien

Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzungvorbehalten. — Copyright 1914 by Ullstein & Co

Der Postsekretärim Himmel

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Zwei Tage vor Mariä Lichtmeß wurdeder Postsekretär Martin Angermayer zuMünchen von einem echt bayerischenSchlaganfall derartig getroffen, daß er schon nacheiner halben Stunde den Geist aufgab.

Seine Seele schickte sich jedoch nicht sogleichzur Reise an, sondern sie gab wohl acht, ob denirdischen Resten auch alle übliche Ehre widerfahre,und zählte und prüfte die Kränze, welche von einigenVerwandten, auch vom Stammtisch im Franziskaner,dem Verkehrsbeamtenverein und seinemKegelklub gespendet wurden.

Sie bemerkte sodann noch mit Genugtuung,daß der Herr Postrat Leistl beim Begräbnis zugegenwar, daß auch die Haushälterin Zenzi in[8]Tränen zerfloß, und sie fuhr gen Himmel, indesein Quartett des Männergesangvereins eine erhebendeWeise sang.

Da saß nun Sekretär Angermayer im Vorraumedes Paradieses und fühlte sich keineswegsso glückselig, wie man es nach den Schilderungenfrommer Bücher eigentlich glauben sollte.

Schon daß er nackend war, benahm dem anOrdnung gewöhnten Beamten die Sicherheit, undes wollte das Gefühl, ein respektabler Mensch zusein und auch als solcher zu gelten, nicht recht inihm aufkommen.

Zudem fröstelte es den an überheizte BureauräumeGewöhnten in dem Luftreiche, und derVerdacht, daß es von irgendwoher ziehe, quälteihn nicht minder wie die Unmöglichkeit, jemandenzum Schließen eines Fensters auffordern zukönnen.

Denn dieser Vorhof des Paradieses war nachdrei Seiten hin eigentlich offen, nur vom eigentlichen[9]Himmel trennte ihn eine Wolkenwand, undzwischen den wundervollen Säulen, die ihn ringsumgaben, konnte freilich die balsamische Luft ungehinderteinströmen, und gleichermaßen von oben,da sie kein Dach abhielt.

Angermayer schickte seine Blicke mißmutig indas unendliche Blau, das sich über ihm wölbte, undin die rosigen Fernen, die sich zwischen den Säulenauftaten, und diese Unbegrenztheit war ihm fremd,und was ihm fremd war, das war ihm nun einmalzuwider.

Dann stand, seine Unbehaglichkeit zu steigern,eine Menge von Leuten um ihn herum, die sichtlichnicht alle aus Bayern oder gar aus München gekommenwaren.

Er konnte im Gegenteil bemerken, daß esMenschen aus aller Herren Ländern waren, gelbe,braune, schwarze, Leute mit langen Haaren, wie siespinnende Schwabinger tragen, Leute mit buschigemWollhaar, Leute mit Zöpfen, kurzum zumeist[10]fremdartige Wesen, denen er nie hold gewesen war,und die meisten verdrehten

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