Der Jäger von Fall

Der Jäger von Fall

Hochlandsroman
von
Ludwig Ganghofer

Vollständige Originalausgabe

350000 Gesamtauflage aller Ausgaben

Verlag von Th. Knaur Nachf.
Berlin

Druck: Hallberg & Büchting (Inh. L. A. Klepzig), Leipzig C 1
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten
Copyright 1920 by Adolf Bonz & Comp., Stuttgart
Printed in Germany

Vorspiel

Eine stille, kalte Dezembernacht lag über dem BergdorfeLenggries. Die beschneiten Berge schnittenscharf in das tiefe Nachtblau des Himmels, aus demdie Sterne mit ruhigem Glanz herunterblickten in daslange, schmale Tal. Dick lag der Schnee auf Flur undWeg, auf den starrenden Ästen der Bäume und aufden breiten Dächern der Häuser, hinter deren kleinenFenstern das letzte Licht schon vor Stunden erloschenwar.

Nur die Wellen der Isar, deren raschen Lauf auchdie eisige Winternacht nicht zum Stocken brachte,sprachen mit ihrem eintönigen Rauschen ein Wort indie alles umfangende Stille; und zwischendrein nochklang von Zeit zu Zeit der Anschlag eines Hundes, demdie Vergeßlichkeit oder das harte Herz seines Herrndie Tür verschlossen hatte, und der nun aus seinerfröstelnden Ruhe unter der Hausbank auffuhr, wennvor dem Hofgatter die Tritte des Nachtwächters imSchnee vorüberknirschten.

Langsam machte der Mann dieses einsamen Geschäftesseine Runde im Dorf, eine hagere, noch jungeGestalt, eingehüllt in einen weitfaltigen, bis auf dieErde reichenden Mantel, dessen Pelzkragen aufgeschlagenwar; eine dicke Pudelmütze war tief überden Kopf gezogen, so daß zwischen Mantel und Mützenur der starke, eisbehauchte Schnurrbart hervorlugte.Die Hände des nächtlichen Wanderers staken in einemSchliefer aus Fuchspelz. Mit dem Quereisen in denEllbogen eingehakt, hing unter dem rechten Arm derhellebardenähnliche „Wachterspieß“, dessen Holzschaftlautlos nachschleifte im fußtiefen Schnee.

Plötzlich hielt der Wächter inne in seiner Wanderung.Vor ihm stand ein kleines Haus, dessen Giebelseitebis dicht an die Straße reichte, von der es durcheinen schmalen eingezäunten Raum getrennt wurde.Wenn man sich ein wenig streckte, konnte man mit derHand über den Zaun bis ans Fenster greifen. So tatder Einsame, und zweimal klirrte unter einem schwachenKlopfen das letzte der drei Fenster. Nach einer Minuteklopfte er wieder, etwas stärker. Wieder wartete er,klopfte von neuem und immer wieder. Hinter demeisblumenbedeckten Fenster wollte nichts lebendigwerden.

„Heut hört’s wieder amal gar nix, dös Teufelsmadl!“brummte der Wächter, während er zusammenschauerteund mit den Lippen schnaubte, daß ihm dieEistropfen vom Schnurrbart flogen. Eine Weile besanner sich, ob er gehen oder bleiben sollte. Dannschlug er mit der ganzen Hand an die Scheibe, die beidieser groben Mißhandlung so heftig klirrte, daß auchein stocktauber Schläfer hätte erwachen müssen. Undwirklich, in der Stube ließ sich ein Geräusch vernehmen,als würde ein Stuhl gerückt; gleich daraufzi

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