Max Dauthendey
Zwölf asiatische Novellen
Albert Langen, München
Copyright 1909 by Albert Langen, Munich
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Dalar rächt sich | 11 |
Der Zauberer Walai | 21 |
Unter den Totentürmen | 35 |
Der Knabe auf dem Kopf des Elefanten | 55 |
Eingeschlossene Tiere | 67 |
Der Kuli Kimgun | 83 |
Der Garten ohne Jahreszeiten | 107 |
Im blauen Licht von Penang | 131 |
Likse und Panulla | 149 |
Der unbeerdigte Vater | 165 |
Im Mandarinenklub | 177 |
Die Auferstehung allen Fleisches | 191 |
Ich drehe in meiner Hand einen kleinenKupfernapf mit breitem Rand, der im Lichtrötlich blitzt. Der kleine Napf ist winziger alsein Eierbecher und darin ist, halb hineingesteckt,ein schwarzes Marmorei. Das Ei istunscheinbarer als ein Taubenei. Das schwarzeEi in dem kupfernen Eierbecher, beide stellenzusammen ein Lingam dar, das indische Symbolgeschlechtlicher Vereinigung, das heiligsteLiebessymbol und Symbol des ewigen Lebens.
Wenn ich das Lingam betrachte, sehe ichvor mir deutlich eine der engsten Tempelgassenin Benares, wo ich in einer Lingambudedas kleine schwarze Steinei im Kupferbecherkaufte. Die Pflastersteine der dunkelnschmalen Gasse sind glitschig und fettig vonden Füßen der tausend Pilger, die dort jedenMorgen zum Sonnenaufgang, heute noch wievor tausend Jahren, in langen Zügen mit Trommeln und Pfeifen vom Tempel desheiligen schwarzen Stieres, vorbei am Tempelder weißen heiligen Kühe, hinunter zumhe