Die
Probefahrt nach Amerika.


Roman
von
Leopold Schefer.


Bunzlau,
Appun’s Buchhandlung.
1837.

Die
Probefahrt nach Amerika.


Motto: Lasset der Welt nur den Lauf,
und das Wasser dann findet ihn selbst schon!

»Schönen guten Abend, Herr Pastor! Hierbringe ich die sechs Dreier Reisegeld nach Amerikavon meinem Vater.«

So sprach eine junge Mädchenstimme in unserabenddunkles Zimmer herein, darin ich gedankenvoll,ja kummervoll, auf- und abging. Ichhatte wohl verstanden, was das liebe Kind wiemit Engelsstimme zu mir gesagt. Aber desto mehrwar ich von dem himmlischen Gruß überraschtund bewegt, und stand, gewiß über und überroth geworden, im Düstern still, und hatte dieHände gefaltet. Das arme Mädchen aber mochteglauben, wir hätten es nicht gehört, und so spraches mit leiser Stimme noch einmal: »Schönenguten Abend! Ich bringe unsre sechs Dreier zurProbefahrt . . . .«

Mache doch Licht an! — sagte ich zu meinerFrau, die in der Feierstunde am Fenster saß,zu welchem die wie jung gewordenen ersten Frühlingssternevom dunkelblauen Himmel herein glänzten;— mache doch Licht, liebe Frau! Es ist WebersGretchen!

Meine liebe Frau aber regte sich nicht; odervielmehr, sie legte sich mit dem Gesicht in ihreweißschimmernde Arbeit vor ihr auf ihr Tischchen.Ich seufzete unhörbar, ging selbst, zündete einenStreifen Papier an meiner Luftfeuermaschine an— woraus die Flamme mir blitzschnell dienstfertigherausfuhr und mich dadurch sehr erquickte;und als das Licht brannte, sprach das liebe kleineMädchen, wie nun erst getrost, recht freundlich:»Schönen guten Abend!«

Guten Abend, mein Kind! sagte ich ihr mitdem Gefühl, das ihr, ihren armen Ältern, undder ganzen armen gepeinigten Gegend recht guteTage wünschte. Sie gab mir die sechs DreierReisegeld nach Amerika, lauter Kupferdreier, mitGrünspan belegt, also aus dem Salzgelde, dennder Weber verkaufte nur Salz. Du bist die Erste,die mir bringt. Gieb mir Deine Hand und DeinenSegen, mein Kind! sprach ich halblaut, meinerFrau wegen, und mit nassen Augen, des übervollenHerzens wegen. Ich trug den Weber indas dazu bereite Buch, gab ihr eine Quittung. . . . damit man den Amerikanischen Kaufleutennicht zur Schande nachsagen möge, daß sie überjede Kleinigkeit in ihrem wohlgeordneten Landeein Quittung geben, selbst über ein bezahltesHalstuch; und das liebe Kind schied mit einerverlegenen »Guten Nacht!« an die Frau Pastorin,und mit einer getrosten guten Nacht an mich.

Die Nacht möchte nicht gut werden! dachteich. Ich trat zu meiner Frau, legte meine Handihr auf den Kopf, den sie seitwärts wandte. MeinKind! Meine liebe Frau! sprach ich so mild alsmöglich. Sie regte sich nicht. Und so fuh

...

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