Anmerkungen zur Transkription

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Eine dänische Geschichte.

Roman

von

Adele Schopenhauer.

Braunschweig,
Druck und Verlag von George Westermann.

1848.


Auf der süd-östlichen Küste der Insel Laaland erhebtsich das alte Städtchen Nysted, welches sich zu denfrühesten Dänemarks zählt, da es schon im Jahr1409 durch Erich von Pommern Stadtrechte erhielt.Wie aus einem dicken Laubkranze schaut es von seinemgrünenden Hügel aus weit hinein in das Land– über Laaland und Falster hin, ja dem Meer entlangbis nach Femern und Rostock, und seine berühmtenLindengänge erzählen sich im Abendwind ganz wundersameGeschichten: der träumerische Nachthauchstreicht über heidnische Grabhügel, über verfalleneGerichts- und Opferstätten hin, und hilft dem kundigenGreis die in seinem Kopf zerstreuten, halbverlorenenKlänge der alten Saga zusammensuchen, dieihm vom Ur-Ahn auf Großvater und Vater vererbt[2]sind. Denn der Nordländer, besonders aber der Landbewohnerhört gar gern erzählen von lang vergangenenTagen, wenn der strenge Winter ihm Thorund Fensterladen schließt und ihn zurückdrängt in dieengen Kammern.

Auf dem höchsten Steine der ehemaligen Schanze,an der Mündung des Hafens, saß ein junger Mann,nachdenklich beide Arme auf ein Mauerstück gelehntund schauete bald zum bewölkten Himmel auf, baldin die frische Landschaft hinein, sah aber dabei aus,als gedenke er gar anderer Ruinen, gar anderer Hügelund Meere; ihm war das Herz sichtlich schwer. Aucher war ein beliebter Erzähler des Städtchens; erhatte oft und gern seinen staunenden Zuhörern denbunten Schleier seiner südlichen Anschauungen überdies stille Grau der Nebel hingebreitet, in denen derFrühling, wie ein Kind in seinen Windeln, tief in'sJahr hinein schläft, und dann mit einem Male aufspringt,da ist in voller Schöne und Kraft und wieein junger Herkules die alte Winterschlange zerdrückt.Das hat der höhere Norden mit dem Süden gemein,daß dort wie hier der ganze Lenz, wie seine einzelne[3]Blüthe, in der geschwellten Knospe steckt; und ihn derheiße Sonnenstrahl plötzlich erweckt zum üppigstenLeben, während man in Mittel-Deutschland ihn langekommen sieht, und heute die Primel, morgen dieKirschenblüthe findet, eine Woche lang das Maienglöckchenerwartet, und so allmälig Blume um Blumewillkommen heißt und begrüßt.

Drei Monate schon war der Reisende in Nysted;seit drei Wochen liebte er; seit drei Wochen war ihm,außer dem kleinen Fleck Erde Laaland, die übrigeWelt dunkler geworden als der bewölkte Himmel, dener anstarrte. – Darum also war er in Italien gewesen,hatte Rom gesehen, dort und in Florenz Jahrelang studirt, um hier hoffnungslos einem bleichenMädchenantlitz gegenüber festzuwurzeln? – Wo warendann seine Wünsche und Träume geblieben, undall die weitausgreifenden Pläne der Seinen? – Wiewelke Blätter im Sturm kreisten und wirbelten Erinnerungenund Vorstellungen durch seine Seele: –er gedachte seiner Mutter in Plön, wohin sie vonCopenhagen gezogen, um wohlfeil zu leben, einsammit einer alten Magd, jeden Pfennig zu sparen und[4]mitten in den Unruh

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