Wieland
Geschichte des Prinzen Biribinker
Kulturhistorische
Liebhaberbibliothek
Band 11
von
Wieland
Herausgegeben und eingeleitet
von
Dr. Carl Schüddekopf
Dritte Auflage.
Berlin und Leipzig
Magazin-Verlag Jacques Hegner
1904
Alle Rechte vom Verleger vorbehalten
Roßberg’sche Buchdruckerei, Leipzig
„Wieland als Konvertit“ ist eins der merkwürdigsten Probleme unsrervorklassischen Literatur, die an intimen persönlichen Bekenntnissennicht eben reich ist. Wie sich der junge, weltfremde Gelehrte aus einemschwärmerischen Heiligen zum frivolen Spötter wandelt, wie er am Schlußseines Schweizer Aufenthalts aus den seraphischen Sphären Bodmers zurErde herabsteigt und in Biberach Freunde wie Feinde durch dieradikalsten Zeugnisse seiner Umkehr in Staunen setzt, ist sicherlicheins der interessantesten Kapitel in der noch zu schreibenden Biographiedes Dichters. Derselbe Wieland, der noch am 27. August 1758 in einemausführlichen ungedruckten Briefe an den Braunschweiger Professor Ebertschrieb: „Ein bel-Esprit ist allemal auch ein Glied der menschlichenGesellschaft; und ich schätze ihn nur alsdann, wenn er als bel-Espritder Gesellschaft nützlich ist. Der Mißbrauch des Genie und der Künstehat mich schon lange äußerst gekränkt, und es war ein creve-cœur fürmich, Deutschland mit tändelnden Poesien und läppischen Nachahmungen desAnakreon, und[Pg VI] dergleichen überhäuft zu sehen. – Ich konnte nichtkaltsinnig von Leuten sprechen, die ich als Verführer der Jugend undVerderber des ächten Geschmaks einer gantzen Nation ansehen mußte“ –derselbe unduldsame Gegner der Anakreontik h