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Rudolf Haas

Der Volksbeglücker

Der Volksbeglücker

Von

Rudolf Haas

Verlagssignet

Drittes bis zehntes Tausend


L. Staackmann, Verlag, Leipzig
1920

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten

Copyright 1910 by Axel Juncker in Berlin-Charlottenburg

Druck von C. Grumbach in Leipzig

Dem Prager Dichter

Friedrich Adler,

meinem langjährigen Freunde,
dankbar zu eigen.

1.

Das niedrige Bergland, das Westböhmen von Bayernscheidet, ist eine liebe, warme Erikagegend, die imSommer schamhaft errötet, wenn sie sich hüllenlos inihrer unberührten jungfräulichen Schönheit dem glücklichenEntdecker nach langem Sträuben endlich preisgeben muß.

Und er entdeckte und liebte diese frische, keusche Art,der hager aufgeschossene Junge, der jeden Nachmittag,wenn die Mittelschüler, vom Unterricht erlöst, den sechstausendInsassen von Neuberg die Ohren voll lärmten,durch die winkeligen Kleinstadtgassen in den lachendenSommer hinauslief, immer denselben Weg, den Hügelhinauf und am Kamm fort auf schmalen Feldrainen,wo der wilde Quendel blühte und die blauen Glockenblumen,bis er endlich mitten darin war in der rotenErika. Stundenlang konnte er dann dort oben liegen,versunken in dem leuchtenden, bienendurchsummten Teppich,und in die helle, silbern flimmernde Luft blicken.Soweit er schaute, war nichts als der klare endlose Luftraum,und nur ganz nahe, dicht vor ihm, standen dieverästelten Blütenbüschel rosenrot vor dem blauen Hintergrund.

Die sonnenweite Unendlichkeit des Sommers war umihn, und er fühlte sich wie losgelöst von allem, wasmit ihm und neben ihm lebte. Und in seiner Seele erwachtendie uralten Fragen nach dem Woher und Warum,sein achtzehnjähriges Jünglingsgemüt fragte nach demZweck dessen, was nie einen Zweck hatte, suchte Regelund Plan in dem, was planlos und regellos entstandenwar, wollte einheitliche schöpferische Ordnung in demWirrwarr finden, der sich unbewußt gebildet hatte, wieer sich bilden mußte nach den starren, toten Gesetzenvon Urbeginn. Und gegen den Kindersinn, der blindlingsglaubt und mit ganzer Seele etwas glaubend fassen will,drang der reifende Verstand des Jünglings an, der Tatsachenund Beweise für den Glauben forderte. Es istdas ein schwerer Kampf, der meist in stillen Nächten undverschwiegener Einsamkeit durchgefochten, langsam heilendeWunden und dauernde Narben zurückläßt. Glücklich, werin diesen Tagen einen verständnisvollen Vater zur Seitehat, der ihn unmerklich und dennoch sicher aus dem Wirrsalleitet.

Fritz Hellwig hatte solches Glück nicht. Sein Vater,ein Volksschullehrer, war schon vor vielen Jahren gestorben,und unter der ziellosen Leitung einer überzärtlichenMutter, die den einzigen Sohn beständig mit demlauen Badewasser einer weichlichen Liebe umplätscherte,wuchs er zum verschlossenen Träumer heran. Währendseine Altersgenossen Trapper und Indianer spielten, denTomahawk schwangen und an ihren Lagerfeuern gestohleneErdäpfel brieten, lag er im Heidekraut oder saß er ineiner dämmrigen Zimmerecke und füllte die Stube mitTraumgestalten, mit Feen, Zwergen und blonden Königstöchtern.Deswegen litt er auch mehr als sonst

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